Weshalb getürkt?

Die getürkte Band kommt Ihnen spanisch vor? Kruzitürken aber auch! Für das Verkleiden in Karneval und Fasching sollen die Türken auch noch gesorgt haben.

Chevalier Auguste de Henikstein - Interieur d'un café Turc

Sie sind verwirrt? Recht haben Sie! Deshalb sind wir den sprachlichen Hintergründen dieser „getürkten” Wörter auf der Spur. Immer schön langsam und der Reihe nach!
Das Wort getürkt stößt so manchem sauer auf. Woher der Ausdruck stammt, ist nicht ganz klar. Am häufigsten kursiert im Internet folgende Version:

Im Jahre 1769 baute der österreichische Erfinder Wolfgang von Kempelen (1734-1804) einen Schachautomaten, dessen angeblich mechanischer Spieler wie ein Türke gekleidet war. In Wirklichkeit verbarg sich im Innern des vermeintlichen Automaten ein Mensch, der den “Türken” dirigierte.

Das Bild zeigt einen Nachbau eines solchen “getürkten” Schachautomaten.
http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], vom Wikimedia Commons” href=“http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AKempelen_chess1.jpg”>Kempelen chess1

Ein weiterer häufig zu lesender Deutungsversuch für “getürkt” ist mit der Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals im Jahre 1895 verbunden. Angeblich soll die Kapelle für eine osmanische Delegation das deutsche Volkslied “Guter Mond, du gehst so stille” gespielt haben — die Noten für die osmanische Nationalhymne sollen gefehlt haben.

Vermutlich stammt der Ausdruck aber bereits aus der Zeit der Türkenkriege. Dieser Deutung nach geht das Wort auf besondere Kriegslisten zurück. Auch hier gibt es verschiedene Versionen.

In der österreichischen Steiermark wird auf der Riegersburg folgende Geschichte erzählt: Beim Angriff der Türken stellte man Puppen mit türkischem Aussehen gut sichtbar auf der Burg auf. Dies sollte den vorbeiziehenden türkischen Truppen vortäuschen, dass die Burg bereits von anderen türkischen Einheiten eingenommen worden sei. (Quelle)

In eine ähnliche Richtung weist, dass das Oxford English Dictionary unter “Turk” die veraltete Bedeutung “a human figure at which to practise shooting” verzeichnet. Die Belege für diesen Sprachgebrauch, der in etwa dem heutigen “Pappkamerad” entspricht, reichen bis ins Jahr 1569 zurück. (Quelle)

Laut “Grimm” und Etymologieduden wird das Verb “türken” erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts verwendet. Die Bedeutung von “jemandem etwas vormachen” wird laut “Grimm” damit erklärt, dass die “unter Ausnutzung der verbreiteten Türkenfurcht für einen Heereszug gegen die Türken ausgeschriebene Steuer für andere, vielfach eigennützige und der Allgemeinheit abträgliche Zwecke” verwendet wurde. (Quelle)

Köln-Rosenmontag-Neumarkt-1836

In Köln, der Hochburg des Karnevals, genauer in Köln-Mühlheim, kursiert eine weitere Anekdote zur Entstehung des Wortes “getürkt”.
Demnach baten die Mühlheimer den osmanischen Sultan um Hilfe gegen die Franzosen. Statt Soldaten schickte der Sultan jedoch Säcke voller Armeekleidung.
Denn nach Meinung des Sultans war die Furscht der Franzosen vor den Türken so groß, dass schon der Anblick der osmanischen Uniformen reichen würde, die Franzosen in die Flucht zu schlagen und Mühlheim vor Plünderungen zu schützen. Und so wurde der Anekdote zufolge nicht nur Mühlheim gerettet, sondern gleich der Karnevalsbrauch der Verkleidungen begründet.




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