Neues von der Schwiegermutter

(Zuerst veröffentlicht im Rahmen des 1. TTSW, Oktober 2010)

Als Schwiegermutter Deutschland abschaffte

Ich bewundere das Engagement des deutschen Staates wirklich sehr. Seit Jahren lässt er nichts unversucht, um mich vor meiner Schwiegermutter zu schützen. (Schließlich ist hinreichend bekannt, dass Schwiegermütter böse sind.) Er ist ganz offensichtlich der Meinung, dass einige tausend Kilometer, die uns zwei Frauen trennen, nicht ausreichen. Die Hürden für ein Visum für meine Schwiegermutter mit dem fremden Pass sind deshalb mit Bedacht so hoch angesetzt, dass es ihr in den vielen Jahren meiner Ehe mit ihrem Sohn nur ein einziges Mal gelang, sie zu überwinden. Auch wenn das eine traumatische Erfahrung war für den Staat, für mich und überhaupt: Einmal ist keinmal. Bisher konnte ich mich auf die deutsche Bürokratie verlassen.

Aber kürzlich lief etwas schief. Nicht, dass die Einreisehürden niedriger geworden wären. Schwiegermutter ist ein wenig in die Jahre gekommen und gar nicht mehr interessiert am Schlangestehen in deutschen Konsulaten. Das haben die Oberhürdenerrichter nur noch nicht mitbekommen. Während sie immer noch davon ausgehen, dass Schwiegermutter zur Invasion Deutschlands rüstet, hat sie die Taktik geändert. Die Beine wollen zwar nicht mehr so recht, aber im Kopf ist sie fit.

Ihre Taktik ist nicht neu, vielmehr bewährt seit Jahrtausenden: Schwiegermutter begann, sich nach Verbündeten umzusehen. Schon lange ist sie der Meinung, dass der Sohn zu ihr kommen soll, wenn sie schon nicht zu ihm reisen kann. Oder noch besser: Er soll für immer zurückkehren in das Land seiner Vorfahren. Einen Verbündeten für dieses Ziel zu finden, war nicht weiter schwierig. Der Sarazene drängte sich geradezu auf. Niemand weiß genau, wer oder was ein Sarazene ist. Aber jemand, der mit einem Begriff belegt ist, der laut Wikipedia „meist in angstgeprägtem Sinn” gebraucht wird, eignet sich hervorragend als Verbündeter für Schwiegermutters persönliche Interessen. Der Sarazene also lockte schnell weitere Verbündete an, zwielichtige Gestalten, die sich in den letzten Wochen bei Schwiegermutter in der Ferne ein Stelldichein gaben, ein Personalausweis reicht ihnen, um zu den konspirativen Treffen in das fremde Land zu reisen, von Hürden keine Spur.

Dann allerdings, beim sechsten oder siebten Treffen der Verschwörer muss es gewesen sein, lief die Sache aus dem Ruder. Schwiegermutter rief entsetzt: „So geht das aber nicht!”, als sie den Staub auf dem Laptop des Sarazenen sah. Dass diese Deutschen auch nie lernen würden, richtig zu putzen. Schwiegermutter drückte mit dem Staubtuch auf den schmutzigsten Knopf. DELETE. Deutschland war abgeschafft.

Dann ging alles sehr schnell. Schwiegermutter hat nun ihren Sohn in der Nähe, gleichzeitig aber quillt das fremde Land über von Deutschen, die sich beharrlich weigern, sich den Landessitten anzupassen und die fremde Sprache zu lernen.
Dabei kann Schwiegermutter nicht tatenlos zusehen. Sie fängt an, ihre Truppen zu sammeln. Ob der Sarazene wieder mit von der Partie sein wird, ist noch offen. Seit Schwiegermutters eigenmächtiger Knopfdruck-Aktion ist er ein wenig verschnupft. Mich mit meiner Schwiegermutterphobie beachtet längst niemand mehr.




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