Nur bunt wird’s rund
Theorie und Praxis sind zweierlei, das wurde mir gerade wieder unter die Nase gerieben. Die Theorie: Diversität (Vielfalt) heißt das Modewort unserer Gesellschaft. Interkulturelle Vielfalt ist also angesagt. Theoretisch.
Praktisch stößt sie schnell an ihre Grenzen. Zum Beispiel dann, wenn der andere nicht das tut oder sagt, was ich möchte. Oder wenn Vielfalt anstrengend wird. Nehmen wir Telefonverträge. Ja, liebe Kinder, früher einmal, ungefähr zu der Zeit, als Hänsel und Gretel noch auf der Suche nach einem Kanten Brot durch den Wald streiften, war das ganz einfach. Es gab nur einen einzigen Anbieter, einen Monopolisten, dem man ausgeliefert war. Heute dagegen: Vielfalt der Möglichkeiten, soweit man telefonieren, texten, mailen kann. Hier ein Extra, dort ein Bonus, teurer Mehrwert, günstiger Schnickschnack, zusätzliche Karte, neues Gerät ... Toll? Irgendwie schon. Aber auch: So kompliziert!
Vergleichen wird schwieriger, schnell geht man verloren im Dschungel der unendlichen Möglichkeiten, wenn man nicht genau weiß, was man will. So ist es nicht nur beim Telefon. Flüge buchen ist auch nicht mehr so einfach, wie es mal war (wie viel Gepäck buche ich, wie viel ist mir ein größerer Abstand zur nächsten Sitzreihe wert, will ich an Bord etwas essen ...). Essen, ja, das ist auch zum gefährlichen Terrain geworden. Essen ohne Fleisch, Restaurants ohne Alkohol, Rücksicht auf Unverträglichkeiten und Allergien, ökologische Aspekte – alles schön und gut. Jeder soll nach seiner Fasson selig werden, sagte schließlich schon der Alte Fritz (der mit den Ulanen). Feministische, homosexuelle, liberale Muslime, auch die gibt es längst. Jeder darf sich überall die Rosinen herauspicken – egal ob sie ihm besonders gut schmecken oder ob er sie eklig findet. Freie Wahl ist eine feine Sache – vorausgesetzt, meine Entscheidung fügt niemand anderem Schaden an Leib oder Seele zu. Wahlfreiheit ist eine so feine Sache, dass ich auf keinen Fall darauf verzichten will. Auch wenn eine Entscheidung manchmal schwerfällt.
Bunte Vielfalt ist schöner als öde Einfalt, das ist sonnenklar. Dazu gehört auch, zu akzeptieren, dass andere andere Vorlieben haben als ich und andere Entscheidungen treffen. Erst aus vielen bunten, unterschiedlichen Mosaiksteinchen entsteht ein lebensfrohes, komplettes Bild. Lasst und alle dazu beitragen. Mit Freude und besten Absichten.
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