Das Fest der Feste

Ein Fest legt seine Autobiografie vor. Gideon Böss wählt diesen überraschenden Ansatz für sein neues Buch über ein Fest, an dem kein Weg vorbeiführt: Weihnachten. Freundlicherweise hat der Verlag mir ein Rezensionsexemplar überlassen. Die genauen Angaben zum Buch:

Weihnachten – ein Fest packt aus. Die Autobiografie von Gideon Böss
ISBN 978-3843615044
176 S., gebunden
Patmos Verlag, August 2024

Das Fest der Feste kandil.de

Der autobiografische Ansatz setzt den Ton für das ganze Buch: Böss gelingt es, die richtige Prise Selbstironie und Humor mit viel Wissenswertem zu einer leichten und doch spannenden und informativen Reise durch die Geschichte zu machen. Nun ist Weihnachten nicht gerade das Fest, um das sich diese Website dreht, aber zur interkulturellen Perspektive passt es perfekt. Gerne erinnere ich in diesem Zusammenhang auch an das Buch „Deutschland, deine Götter“ desselben Autors (Rezension: Unterhaltsame Multikkulti-Reli-Rallye)

Denn diese Autobiografie deckt wunderbar auf, welche Anteile aus welchen Zeiten, Regionen und Vorstellungen dazu beigetragen, Weihnachten zu dem zu machen, was es heute ist: ein Fest, von dem alle Welt schon mal gehört hat und das in fast aller Welt in irgendeiner Form eine Rolle spielt. Der ursprüngliche religiöse Aspekt mag dabei in den Hintergrund getreten sein, der festlichen Strahlkraft tut das keinen Abbruch. Weihnachtliche Beispiele aus Japan und den Emiraten etwa führt der Autor an, „türkische Weihnachten“ waren und sind immer mal wieder Thema im Kandil-Magazin.

Und dann ist da noch der Nikolaus. Und der Weihnachtsmann. Und diverse Helfer und Begleiter, die unterschiedlicher nicht sein könnten: von Knecht Ruprecht über Elfen zu Rentieren. Wer soll sich da noch zurechtfinden?, frage ich mich schon seit Jahren. Deshalb freue ich mich sehr über dieses Buch, denn die Lektüre hat mir geholfen, alle in meinen Vorstellungen herumschwirrenden weihnachtlichen und adventlichen Erscheinungen ein bisschen zu entwirren und besser einzuordnen.

Bei aller Leichtigkeit zeigt die weihnachtliche Autobiografie auch ernste Töne. Für mich neu war das, was in Kapitel 11 unter der Überschrift „Der NS-Schwarzwaldjesus und andere Versuche, mich abzuschaffen“ ausgeführt wird. Obwohl ich viel über die NS-Zeit in Deutschland gelesen habe, war mir bisher nicht klar, dass die Nazis tatsächlich versuchten, aus ideologischen Gründen das Weihnachtsfest und damit verbundene Bräuche so umzudeuten und umzuschreiben, dass ein jüdischer Jesus nicht mehr ins Bild gehörte.

Was daraus Weihngeworden ist, erleben wir jedes Jahr im Dezember: Weihnachten lässt sich nicht unterkriegen. Vielen Dank für das unterhaltsame Buch, das ich gerne weiterempfehle, egal ob man Weihnachten liebt oder hasst, ob man es feiert oder nicht. Lesen!




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