Visumspflicht für Schwiegermama

Neulich wollte uns meine Schwiegermutter besuchen. Das ist nicht ungewöhnlich, Omi möchte gerne einmal die Enkelchen sehen. Selbst Elizabeth, so liest man in den einschlägigen Gazetten, soll ein Faible für Enkel Harry haben. Was Königs recht ist, kann uns nur billig sein, so dachten wir ganz naiv.

Wenn, ja wenn zwischen meiner Schwiegermutter und uns nicht nur die mehr als 2000 Kilometer Entfernung lägen. Diese Kilometer zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu bewältigen, sollte keine unüberwindbaren Schwierigkeiten mehr aufwerfen, so sollte man meinen.

Aber nicht nur die Kilometer liegen zwischen uns, sondern auch die deutschen Behörden. Denn Omi hat einen türkischen Pass und benötigt für ihren Enkelbesuch ein Visum. Es muss eben alles seine schöne deutsche Ordnung haben, denken wir, und machen uns wohlgemut ans Ausfüllen der Papierstapel. Es reicht nicht, dass wir, das sind Sohn, Schwiegertochter und drei Enkel, Omi einladen.

Zu unserem Besten halten die fürsorglichen Behörden ihre schützende Hand über uns, damit Schwiegermama nicht plötzlich unangemeldet ins Haus schneit. Nicht auszudenken, wenn sie sich erst durch fallen gelassene Rucksäcke und Jacken ihren Weg ins Wohnzimmer bahnen müsste, Zeitungsstapel von den Sesseln räumen müsste, um sich setzen zu können, kaum aus den Fensterscheiben gucken könnte, weil die wegen der vielen Abdrücke fettiger Kinderhände fast blind sind.

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