Straßenszene in Rasht

Reisetagebuch Iran. Teil 1 bis Ankunft Rasht

Yunus Balcik (25) studiert Medizin. Im Jahr 2014 bereiste er einen Monat lang auf eigene Faust mit dem Rucksack den Iran. Über seine Reiseerlebnisse berichtet er in einer mehrteiligen Serie. 

Warum ausgerechnet in den Iran?

Wann genau ich den Wunsch entwickelte, in den Iran zu reisen, weiß ich nicht mehr. Allerdings weiß ich noch, dass seit meiner Kindheit ein großes, prachtvolles Buch mit Bildern voller Vasen, Miniaturen und Schriften auf unserem Wohnzimmerregal thronte. Der Titel, 7000 Jahre Kunst im Iran, bedeutete damals nicht viel für mich, da ich noch kein Konzept von Geschichte oder Kultur hatte. In den letzten Jahren fielen mir immer wieder iranische Bücher oder Filme auf, die meine Neugier weckten und mich über persische Literatur, die moderne Geschichte und Politik des Irans zu vielen Berichten von in den Iran gereisten Leuten führten, die ich begierig las. Sehr wenige Menschen, die ich persönlich auf anderen Reisen traf, konnten mir von ihren eigenen Erfahrungen im Iran berichten. Aber die wenigen, die ich kennenlernte, bestätigten mir ebenso wie Bekannte mit iranischen Wurzeln alle das positive Bild, das ich mir von diesem mysteriösem Land gemalt hatte.

Um meinem Wunsch näherzukommen, beantragte ich bereits ein Jahr vor dem Reisetermin einen türkischen Reisepass, da türkische Staatsbürger zu den wenigen gehören, die ohne Visum in den Iran einreisen dürfen. Deutsche Staatsangehörige erhalten normalerweise ohne größere Probleme ein Touristenvisum, allerdings meist über eine Reiseagentur und mit vielen bürokratischen Hürden und Bearbeitungsgebühren.
Nachdem ich endlich in einem Ferienjob das benötigte Geld für eine einmonatige Rucksacktour durch den Iran zusammengekratzt und mich monatelang im Internet vorzubereiten versucht hatte, buchte ich einen Flug in die Türkei und einen Rückflug aus Teheran. Der Grund, warum ich nicht einfach in Europa in ein Flugzeug steigen wollte, um im Iran auszusteigen, ist, dass ich langsam im Iran ankommen wollte. Ich wollte sehen, wie sich die Landschaft und die Leute verändern, wenn man aus der relativ offenen Türkei in den sagenumwobenen und verschlossenen Iran reist. Amerikaner zum Beispiel dürfen das Land nur in Reisegruppen betreten und sich während des gesamten Aufenthalts nicht von ihrem Touristenführer trennen. Noch dazu war ich trotz all meiner Recherchen bis zu meinem Grenzübertritt nicht ganz sicher, ob mein türkischer Pass wirklich ausreichen würde, um in den Iran einzureisen. Die wenigen Informationen, die ich zu diesem Thema fand, wirkten nicht sehr überzeugend auf mich, bestätigten jedoch alle, dass man als Türke weder eine Einladung eines iranischen Staatsbürgers noch eine Genehmigung oder sonstige Formalitäten benötigt, um die Grenze zu überqueren.

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