Mehrsprachige Sicht auf die Welt
Meine Kinder haben eine deutsche Muttersprache und eine türkische Vatersprache. Richtig vielsprachig geht es bei den Kindern unserer Freunde zu: Sie haben Spanisch als Muttersprache, Deutsch und Türkisch als Vatersprachen und wachsen mit Englisch und Chinesisch als Umgebungssprachen auf.
Dass diese Kinder mit mehreren Sprachen gut durch die globalisierte Welt kommen werden, steht zu erwarten. Was das Beherrschen einer Sprache über Wortschatz und Grammatik hinaus bedeutet, untersuchten Sprachwissenschaftler einer britischen Universität (vor einigen Wochen berichtete der Deutschlandfunk darüber). Sie kamen zu bemerkenswerten Ergebnissen: Wie wir ein Geschehen wahrnehmen, hängt auch von der Sprache ab, in der wir darüber berichten.
Wer schon einmal versucht hat, eine andere Sprache zu lernen, weiß, dass man sich dabei auch mit anderen Grammatikstrukturen vertraut machen muss. Wie der Grammatikaufbau einer Sprache auch die Wahrnehmung einer Situation beeinflusst, untersuchten die Wissenschaftler an den beiden Sprachen Deutsch und Englisch. Die Linguisten stellten fest, dass im Englischen der Blick auf die Handlung, auf den Prozess überwiegt, im Deutschen dagegen die Sicht umfassender und auf Anfangs- und Endpunkt einer Handlung gerichtet ist. Die Wissenschaftler untersuchten auch, wie zweisprachige Menschen eine Situation beschreiben. Dabei zeigte sich interessanterweise, dass die Perspektive sich tatsächlich mit der verwendeten Sprache ändert.
Bis wissenschaftliche Untersuchungen des Zusammenhangs von Grammatik und Wahrnehmung auch zu anderen Sprachen vorliegen, könnte man selbst einmal genauer darauf achten, wie unterschiedlich eine Handlung in verschiedenen Sprachen dargestellt wird.
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