Beutetürken und Türkenbeute

Beutetürken und Türkenbeute

Die deutsch-türkischen Beziehungen sind älter, als viele es wahrhaben wollen. Bedingt durch historische Ereignisse entstanden die ersten Kontakte mehr oder weniger als Kriegsfolgen, doch ergaben sich daraus auch bemerkenswerte menschliche Verbindungen.  

Gegenstände, die in Europa aus Kriegen gegen osmanische Armeen erbeutet wurden, sind als Türkenbeute bekannt geworden. Neben typischen Waffen wie Dolchen und Krummsäbeln und anderen militärischen Ausrüstungsteilen waren dies auch kunsthandwerkliche Gegenstände und Prunkzelte. Teile dieser Türkenbeute werden noch heute in Ausstellungen gezeigt, vor allem in der so genannten Karlsruher Türkenbeute.

Nicht nur osmanische Gegenstände blieben infolge von Kriegen in Europa. Auch Menschen aus dem Osmanischen Reich fanden in Europa eine neue Heimat, wenn auch meist unfreiwllig. Kriegsgefangene wurden als lebende Beute versklavt und verschenkt oder verkauft. An Fürstenhöfen galt es im 17. Jahrhundert gewissermaßen als Statusmerkmal, im Hofstaat auch einen exotisch-orientalisch gekleideten jungen Mann vorzeigen zu können – lange bevor im 18. Jahrhundert die europäische  „Türkenmode“ oder „Turquerie“ einen ersten Höhepunkt erreichte mit ihrer Vorliebe für exotisch-orientalische Einrichtungsgegenstände, Stoffe und Speisen.

Hofmobiliendepot - Türkisches Zimmer von Kronprinz Rudolf

Zurück zu den Menschen und ihren Schicksalen: Kriegsgefangene, die infolge der Türkenkriege in Europa bleiben mussten, wurden als so genannte Beutetürken bekannt. Sie wurden in der Regel zwangsgetauft und zwangsassimiliert, mussten sich also wohl oder übel an ihre neuen Lebensumstände anpassen. Über die meisten dieser Menschen weiß man wenig, in Kirchenbüchern lassen sich einige Spuren dieser unfreiwilligen frühen Migranten ausmachen.

Bereits vor einigen Jahren veröffentlichte Hartmut Heller, emeritierter Professor für Landes- und Volkskunde und spezialisiert u. a. auf türkisch-osmanische Einflüsse in der deutschen Kultur seit dem 15. Jahrhundert, einen interessanten Artikel über das Schicksal einiger Beutetürken, der online gelesen werden kann:  Carl Osman und das Türkenmariandl.

Der Artikel lässt ahnen, wie schwer es vielen Beutetürken gefallen sein muss, sich in ihrer neuen Heimat einzuleben. Neben den vielen fast vergessenen Menschen, die es damals dauerhaft aus der Türkei nach Europa verschlug, gibt es auch einige wenige, über deren Leben mehr Einzelheiten bekannt sind und deren Namen nicht vergessen sind. Zwei Namen seien stellvertretend hier genannt.

2014-06-11 KunstFestSpiele Herrenhausen, Besuch vom Freundeskreis Hannover, (128) Ludwig Maximilian Mehmet von Königstreu, Sir Godfrey Kneller

Ludwig Maximilian Mehmet von Königstreu kam ca. 1660 als Sohn eines türkischen Gouverneurs auf dem Peloponnes zur Welt, geriet 1685 in Kriegsgefangenschaft und wurde an den Hof des Kurfürsten von Hannover gebracht. Dort machte er als Kammerdiener offenbar Karriere, denn im Jahr 1716 wurde er durch den Kaiser in den Adelsstand erhoben. Ludwig Maximilian Mehmet von Königstreu starb 1726 in London.

Maria Anna von Spiegel

Der Roman Die Königsdame* von Sabine Weigand brachte ihr Schicksal einer breiteren Öffentlöichkeit ins Bewusstsein: Maria Anna von Spiegel, auch bekannt als Gräfin Maria Anna Augusta Fatma zu Castell-Remlingen bzw. unter ihrem Geburtsnamen Fatma Kariman. Sie wurde ca. 1676 geboren und als Kind 1686 an den Hof Augusts des Starken gebracht. Als seine Mätresse brachte sie zwei Kinder zur Welt (1702 und 1706), die 1724 von August dem Starken legitimiert wurden. Sie starb 1755 am Bodensee.

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Kommentare (1)

  • Ines Balcik

    12.07.2023 um 15:06 Uhr Antworten

    Auf meiner Leseliste steht “Der Mann aus Babadag” von Markus Krischer. In dem Buch geht es um einen türkischen Janitscharen, den es im 17. Jahrhundert nach München verschlug. Nicht freiwillig natürlich. Ich werde berichten.


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