Tunesisch häkeln

Tunesisch häkeln

Vielleicht wundern Sie sich, warum der Beitrag übers Häkeln nicht dort auftaucht, wo sonst im Kandil-Magazin Kunsthandwerkliches seinen Platz hat: bei den Anleitungen nämlich. Aber die Rubrik Wortschätze ist Absicht: Tatsächlich geht es nicht um Häkeltechnik, sondern um den Ausdruck „tunesisches Häkeln“. Kommt diese Häkeltechnik aus Tunesien, wie der Name vermuten lässt?

Die Vermutung liegt nahe und doch lässt sich diese Frage nicht so eindeutig beantworten. Gehäkelte Objekte sind allgemein erst seit dem 19. Jahrhundert bekannt. (Stricken, die Handarbeitstechnik mit zwei glatten Nadeln, ist sehr viel älter.) Wer schon einmal Frauen in einem anderen Land beim Stricken oder Häkeln gesehen hat, weiß, dass es für beide Methoden ganz unterschiedliche Gewohnheiten gibt beim Führen des Fadens um die Finger oder beim Halten der Nadeln. 

Beim tunesischen Häkeln aber geht es um etwas anderes, eine grundlegend andere Technik nämlich: Tunesisch gehäkelte Stücke sehen ähnlich aus wie gestrickte. Der Effekt entsteht, weil eine längere Häkelnadel verwendet wird („Teppichhäkelnadel“) oder eine, die an jedem Ende einen Haken hat. Man nennt diese Technik auch Sträkeln (ein Kofferwort aus Häkeln und Stricken). Besonders gut eignet sich die Methode zur Herstellung von dekorativen Teilen, die besonders stabil sein sollen, z. B. Platzsets, kleinere oder größere Decken, Teppiche. In den USA werden bunte Häkeldecken als „Afghan crochet“ bezeichnet, auch im deutschen Sprachraum spricht man manchmal von „afghanischem Häkeln“. Für die Wortherkunft hilft uns das nicht weiter – Tunesien und Afghanistan sind geografisch sehr weit voneinader entfernt.

Die Wortherkunft bleibt also ungeklärt. Immerhin gibt es umgekehrt Techniken zum Häkeln von Spitzen, die sich geografisch genauer zuordnen lassen: Oya oder auch Dantel wird die türkische Kunst der feinen Häkelspitze genannt. Diese Handarbeitskunst verdient einen eigenen Beitrag.




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