Martin Luther und der Islam

Luther und der Islam

Heute vor 500 Jahren schlug Martin Luther seine 95 Thesen an das Tor der Schlosskirche in Wittenberg. Für protestantische Christen ist dieser Reformationstag ein besonderer Gedenktag. Seit in Europa vermehrt über hier lebende Muslime und den Islam diskutiert wird, fühlen sich einige berufen, dem Islam ebenfalls einen Reformator zu wünschen. Über Sinn oder Unsinn eines solchen Gedankens wollen wir an dieser Stelle nicht diskutieren. Uns interessiert die Frage: Was wusste Martin Luther über den Islam?

Dass Luthers Einstellung zum Judentum zum Antisemitismus in Deutschland beigetragen hat, wurde vielfach untersucht und weitgehend bestätigt. Inzwischen gibt es auch mehrere Untersuchungen zu der Frage, wie Luthers Einstellung zum Islam war. Vorauszuschicken ist, dass Luther den Islam in erster Linie durch die Türken kannte. Muslime, das waren für ihn die Türken (vor wenigen Jahren war es wieder ganz ähnlich in Deutschland: Türken = Muslime, so lautete für viele eine vereinfachende Gleichung).

1517, das Jahr, in dem Martin Luther seine Thesen am Tor der Schlosskirche in Wittenberg aushängte und damit Religionsgeschichte schrieb, gehört zu dem Zeitraum, in dem das Osmanische Reich unter Sultan Selim I. seine Eroberungszüge nach Westeuropa ausdehnte. Das Thema Türkenkriege war für ihn also aus dem historischen Kontext heraus unmittelbar präsent. Luther veröffentlichte mehrere Werke, in denen er sich mit dem Vormarsch der Türken Richtung Europa auseinandersetzte. Zu seinen „Türkenschriften“ zählen: Vom Kriege wider die Türken (1528), Heerpredigt wider die Türken (1530), Vermahnung zum Gebet wider den Türken (1541). In erster Linie stellten die Türken mit ihrem islamischen Glauben für Luther wie für viele andere seiner Zeitgenossen eine Bedrohung des christlichen Europas dar bzw., noch zugespitzer, er sah sie als Strafe Gottes für das Fehlverhalten der katholischen Kirche. Erst nach der Veröffentlichung der Türkenschriften beschäftigte sich Luther mit einer lateinischen Übersetzung des Koran, sein insgesamt negatives Urteil ließ sich trotz vereinzelter anerkennender Bemerkungen nicht mehr ändern.

Im Februar des Jahres 1546 starb der fortan von evangelischen Christen als Reformator gepriesene Martin Luther.
Im Juli desselben Jahres 1546 starb ein Mann, dessen Leben nicht unterschiedlicher hätte verlaufen können: Barbaros Hayreddin Paşa, aufgestiegen vom Korsaren zum Großadmiral der Osmanischen Flotte, der mit seinen Schiffen die Seewege seiner Zeit im gesamten Mittelmeer kontrollierte.




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