Vorschriften auch für Männer!

Nur zu gern vergessen wird, dass es im Koran nicht nur Vorschriften für Frauen gibt. Bereits einen Vers vor dem aus der Sure “Das Licht” zitierten gibt es auch eine Anweisung ganz speziell für Männer (Sure 24, Vers 30):

“Sprich zu denGläubigen, dass sie ihre Blicke zu Boden schlagen und ihre Scham hüten. Das ist reiner für sie. Siehe, Allah kennt ihr Tun.” (nach der Übersetzung von Max Henning, Reclam 1982)
oder in einer anderen Übersetzung:
“Sag zu den Mumin-Männern (d.h. gläubige Männer), dass sie von ihren Blicken niederschlagen und ihre Keuschheit bewahren. Dies ist reiner für sie. Gewiss, Allah ist dessen allkundig, was sie bewerkstelligen.” (nach At-tafsir. ADIB-Verlag 2000. ISBN 3-934659-01-2)

http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons” href=“http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AEidgah_jeddah.JPG”>Eidgah jeddah

Halten sich alle muslimischen Männer an diese Anwendung? Wen wundert es, dass besonders die Anweisungen für die Frauen besonders streng beachtet werden — von den Männern?
Allzu lange ist es noch nicht her, dass z.B. im Christentum die Frau mit Argumenten aus der Bibel als Verkörperung der Sünde angesehen wurde, oder, jenseits jeder Religion, ganz ernsthaft behauptet wurde, Frauen könnten nicht dieselben Denkleistungen vollbringen wie Männer und ähnlicher Unsinn.

Mit anderen Worten: Religion lässt sich leider wunderbar missbrauchen, um Machtstellungen zu untermauern, das ist nichts Neues. Wichtig ist jedoch, dass jeder Mensch und damit auch jede Frau die Möglichkeit bekommt, das zu glauben, was ihm oder ihr richtig erscheint. Ob eine Muslima nun meint, einer wörtlichen Auslegung folgen zu müssen (d.h. ein Tuch über den Ausschnitt ziehen, von ”Kopftuch” in unserem Verständnis ist übrigens keine Rede im Koran) oder ob ihr der Sinn dieser Koranstelle (nämlich das ”anständige” Verhalten) wichtiger ist, sollte ihrer Entscheidung überlassen bleiben.
Richter zu sein über das Verhalten muslimischer Frauen steht nur Allah zu. Halten sich etwa alle muslimischen Männer an die ihnen vom Koran auferlegten Gebote?

Ebenso unsinnig ist es jedoch auch, wenn sich Europäer anmaßen, muslimischen Frauen Kleidervorschriften zu machen.
Nicht vergessen darf man die speziellen Migrantenprobleme in Deutschland. Für junge Frauen, die sich weder als Deutsche noch als Türkinnen akzeptiert fühlen, kann das Kopftuch ein Mittel der Identitätsfindung sein. Für manche von ihnen ist es auch eine Möglichkeit, ihren eigenen beruflichen Weg zu gehen, ohne im familiären Umfeld auf Probleme zu stoßen. Warum wird aber eine Medizinstudentin mit Kopftuch in einem deutschen Krankenhaus meistens für die Putzfrau gehalten?

Kein Verständnis habe ich für Eltern, die ideologische Grabenkämpfe auf dem Rücken ihrer Töchter im Grundschulalter austragen, ihre Kinder von gemeinsamen Klassenaktivitäten ausschließen und sie damit in eine Außenseiterrolle drängen. Mit Religiosität hat das nicht viel zu tun.




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