Sehr viel Zeit und Energie wird aktuell auf die Frage verwendet, welche Kleidung für Frauen angemessen ist. Im englischen Sprachraum fällt in diesem Zusammenhang früher oder später das englische Wort „modesty“. Übersetzen lässt es sich mit Bescheidenheit oder aber auch mit Sittsamkeit oder Anstand. All diese Begriffe sind weit davon entfernt, typisch muslimisch zu sein, auch wenn heutige Diskussionen um Frauenkleidung meist auf muslimische Frauen zielen.
Schon vor rund hundert Jahren wurde in Deutschland ein Spruch fürs Poesiealbum beliebt, den einige vielleicht noch kennen:
„Sei wie das Veilchen im Moose,
bescheiden, sittsam und rein,
und nicht wie die stolze Rose,
die immer bewundert will sein.“
Die Vorstellung, dass eine Frau zurückhaltend und unauffällig bis zum Verschwinden aus der Öffentlichkeit sein soll, deckte sich also prächtig mit damaligen gesellschaftlichen Vorstellungen. Dabei weiß der Volksmund auch zu berichten: „Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.“ Lange hat es gedauert, bis diese Erkenntnis auch für Frauen gesellschaftsfähig wurde. Erst die Frauenbewegung in den 1970er Jahren sorgte dafür, dass mehr Frauen aus dem viktorianischen Gedankenkorsett ausbrachen und ihre eigenen Wege gingen.
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